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Hangboard Training: Anleitung für stärkere Finger

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Das Training am Hangboard (Griffbrett) ist spätestens seit den Lockdowns im Jahr 2020 für jeden Kletterer und Boulderer ein Begriff. Von zuhause aus kontrolliert die Fingerkraft trainieren und Rückschritte an der Wand vermeiden. Diese Aussichten haben vorübergehend den Markt für Hangboards leergefegt und das Thema in den sozialen Medien explodieren lassen.

Die Auswahl und der Kauf eines Hangboards sind jedoch nur der erste Schritt. Wichtiger ist ein klares Ziel und ein daraus abgeleitetes Trainingsprogramm.

Und nicht zuletzt: Regelmäßigkeit ist die magische Zutat für das Training am Hangboard.

Mögliche Trainingsziele für das Hangboard-Training

Besser klettern (oder auch bouldern) ist das übliche Ziel für Sportler, die über Training am Griffbrett nachdenken. Die Kletterleistung entsteht allerdings aus vielen unterschiedlichen Bestandteilen, wie z. B. Technik, Taktik, Oberkörperkraft, Fingerkraft etc.

Je nach Disziplin und persönlichen Schwächen bieten unterschiedliche dieser Bestandteile mehr oder weniger effektive Ansatzpunkte, um individuell besser zu werden. Das Hangboard kann nur bei einigen davon hilfreich sein. 

Das Training am Hangboard kann für Fortschritte in drei Bereichen nützlich sein:

  • Maximalkraft der Fingerbeuger (Fingerkraft)
  • Kraftausdauer der Fingerbeuger (Ausdauer)
  • Ergänzende Übungen (Gymnastik-Übungen, wie z. B. Klimmzüge oder Hangwaage)

Je nach Ziel des Klettertrainings kann das Griffbrett-Training einen, mehrere oder auch alle dieser Aspekte beinhalten. 

Fingerkraft korreliert stark mit der Kletterleistung im Klettern und Bouldern. Ebenso tun dies einige ergänzende Übungen. Bei der Kraftausdauer der Fingerbeuger ist es etwas komplizierter. Vereinfacht gesagt profitieren Sportkletterer mehr als Boulderer, aber die Grenzen zwischen beiden Disziplinen und ihren Anforderungen sind schwammig. 

Ab wann Training am Hangboard?

Unter einem Jahr regelmäßiger Klettererfahrung bietet das Hängen an kleinen oder großen Leisten keinerlei Vorteile. Die möglichen Fortschritte durch Klettern oder Bouldern an der Wand sind vielfach größer.

Zudem sind die Finger und Muskeln noch nicht bereit für die spezifische Belastung. Ein gesteigertes Verletzungspotential ist die Folge.

Wie oft am Griffbrett trainieren?

Das Hängetraining ist eine sinnvolle Ergänzung, um die Fingerkraft zu steigern. Das kann die Kletterleistung verbessern. Zusätzlich zu Sessions in der Halle oder am Fels sind 1-3x pro Woche Training am Hangboard sinnvoll. 

Das gilt auch für Zeiträume in denen kein eigentliches Klettern möglich ist. Das Hangboard ist kein Ersatz dafür. Sich daran auszupowern oder ein ähnliches Volumen zur Boulderhalle abzuarbeiten, führt schnell zu Verletzung und Frust.

In sinnvollem Maße eingesetzt erhält und steigert das Training erfolgreich die Fingerkraft in Zeiträumen ohne Klettern.

Fingerhaltungen für das Training am Griffbrett

Für das Training kommen drei Fingerhaltungen in Frage: Half Crimp, Chisel-Grip und Drag (offen).

Abbildung der Half-Crimp Haltung für das Training am Hangboard

Half Crimp

In der Half-Crimp Fingerhaltung sind mindestens der Zeige-, Mittel- und Ringfinger 90° oder mehr gebeugt. Der kleine Finger ist je nach anatomischen Voraussetzungen manchmal nicht gebeugt. Spezialisten trainieren diese Fingerhaltung zusätzlich auch nur mit den vorderen oder hinteren drei Fingern.

Chisel

Der Chisel-Grip („Tschissl“ ausgesprochen) ist ein Mix aus Crimp und offener Fingerhaltung. Es ist der Versuch bei Kontakt mit vier Fingern möglichst wenige davon aufzustellen (>90° Beugung).

Abbildung der offenen Fingerhaltung für das Training am Hangboard

Drag (offen)

Die offene Fingerhaltung (Drag) kann mit den vorderen oder hinteren drei Fingern trainiert werden.

Es gibt keine beste Fingerhaltung für das Training. Allerdings korreliert bei Tests die Leistung (maximales Gewicht) im Half-Crimp am ehesten mit der individuellen Kletterleistung (Video). 

Empfehlung: Zuerst die Half-Crimp Haltung trainieren. Nach ein paar Wochen weitere Sets einer weiteren für die individuellen Kletterziele sinnvollen Fingerhaltung einbauen. Für bessere Leistung an Slopern eignet sich die beispielsweise die offene Fingerhaltung.

Gesund bleiben: Diese Punkte beachten

  • Schultern hinter und runter / Brustbein nach oben / leicht gebeugte Ellenbogen 
  • Fingerhaltung während dem Hängen nicht verändern
  • Aufhören, wenn ein Finger rutscht und neu ansetzen
  • Keine Schmerzen nach dem Training
  • Full-Crimp (Daumen über Zeigefinger) vermeiden

Korrekte Körperhaltung beim Hängen

Darstellung der korrekten Körperhaltung für das Training am Hangboard

Aufwärmen für das Hangboard

Das Aufwärmen vor dem Training ermöglicht das Hängen in ausreichender Intensität für Fortschritte. Ohne geht´s nicht. 

Wie für das Hangboard-Training aufwärmen? Das Aufwärmen läuft in 3 Schritten ab – von groß nach klein: 

Kreislauf > Große Muskeln > Kleine Muskeln

  • Kreislauf:
    Übungen für den Kreislauf sind z.b. Strecksprünge, Burpees, laufen gehen oder Treppensteigen. Yoga ist auch eine gute Idee. Der Puls sollte erhöht sein und die Atmung beschleunigt und etwas Schweiß ist im Sinne der Übung.
  • Große Muskeln:
    Passende Übungen sind Klimmzüge (auch vereinfacht), Liegestütze, Sit Ups, Schlingentrainer und viele mehr. Die großen Muskeln in Armen, Schultern und Oberkörper müssen arbeiten um auf Touren zu kommen. 
  • Kleine Muskeln:
    Mehrmaliges, kurzes & zunehmend härteres Hängen an den Leisten des Hangboards. Zum Start mit den Füßen auf dem Boden von den großen zu den kleinen Leisten und längeren Hängezeiten arbeiten. Anschließend ohne Füße wiederholen bis zum ersten Hang des geplanten Trainings. Pausen und Hängezeiten für diesen Teil des Aufwärmens nach Gefühl tagesindividuell anpassen.

Eine bessere Alternative für Schritt zwei und drei ist ein Aufwärmen an der Wand mit zunehmend schwereren Routen oder Problemen.

Trainingsprogramm für das Hangboard erstellen

Es gibt eine Vielzahl an möglichen Trainingsprogrammen fürs Hangboard, von denen alle irgendwo funktionieren. Regelmäßigkeit ist wichtiger als Details des Trainingsplans. 

Es gilt: kurz und knackig, denn das Training ist nur eine Ergänzung zum Klettern und Bouldern. 

Es gibt zwei mögliche Trainingsziele: Maximalkraft und / oder Kraftausdauer (Ausdauer). 

Allerdings beeinflussen sich beide auch gegenseitig. Mehr Maximalkraft führt dazu, dass Züge weniger anstrengend werden und somit mehr Züge möglich sind (bessere Ausdauer). Ebenso steigert sich die Maximalkraft erfahrungsgemäß auch bei einem Ausdauerfokus des Trainings. 

Maximalkraft trainieren (Fingerbeuger) am Hangboard

10s in z. B. Half-Crimp Position hängen = 1 Set, gefolgt von 1-2 Minuten Pause. Insgesamt 3-6x wiederholen.

Die richtige Leistengröße kann voll aufgewärmt maximal 12-15s gehalten werden.

Anpassung der Intensität

Um es leichter zu machen:

  • Hängezeit verkürzen 
  • Größere Leisten nehmen
  • Weniger Wiederholungen machen.

Um es schwieriger zu machen:

  • Kleinere Leisten nutzen
  • Anzahl der Wiederholungen erhöhen
  • Gewicht an den Klettergurt hängen.
  • Weitere Fingerhaltungen mit selben Protokoll trainieren

Alle paar Wochen (drei oder mehr) kann die Intensität angepasst werden. Dafür testen, welche Leistengröße maximal 12-15s gehangen werden kann.

Kraftausdauer trainieren (Repeaters)

6x 7s Hängen / 3s Pause z. B. in Half-Crimp = 1 Set, gefolgt 3-5 min Pause. Bis zu sechs Runden je Fingerstellung.

Die richtige Leistengröße: in der Regel 20 mm und größer. 

So anpassen

Um es leichter zu machen:

  • Hängezeit verkürzen oder die Pausen länger z.B. 5s/5s oder 6s/4s 
  • Größere Leiste
  • Anzahl der Sets verringern oder eine längere Pause zwischen Sets

Um es schwieriger zu machen:

  • Kleinere Leisten nutzen
  • Anzahl der Wiederholungen erhöhen
  • Gewicht an den Klettergurt hängen.
  • Weitere Fingerhaltungen mit selben Protokoll trainieren

Tipps

 

  • Nach einigen Wochen (4+) zwischen Maximalkraft und Kraftausdauer wechseln
  • Timer App, wie z. B. Intervall Timer nutzen
  • Zusätzlich zum Hängetraining am Griffbrett weitere Übungen, wie Klimmzüge an großen Griffen, Yoga und Bodenübungen in die Trainingssession einbauen.
  • Das Trainingsprogramm kann sich von Session zu Session unterschiedlich anfühlen – Nicht zu stolz sein, die Intensität auch mal runterzuschrauben. Es kommt auf die Regelmäßigkeit an.

Zubehör für dein Hangboardtraining

Andreas Schabert
Andreas Schabert

Andi ist seit mittlerweile über einem Jahrzehnt begeisterter Kletterer und Boulderer. Als absoluter Trainingsnerd schreibt er auf seiner Webseite und für andere über alle Themen rund um besser Klettern & Bouldern.

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